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Thomas Kolczewski

Google irrt sich – Shiatsu ist keine Massage

Wenn Shiatsu auf google trifft, dann ist meistens das Wort Massage mit im Spiel. Und dabei hat Shiatsu so gar nichts mit einer klassischen Massage gemeinsam.  Shiatsu stammt aus Japan und ist eine besondere Form der Körperarbeit. Eine Berührungskunst, die sich der Technik des Dehnens und Lehnens bedient. In diesem Fall wird keine Kraft angewendet. Im Gegenteil, es wird auf sehr sanfte Art Kraft abgegeben mit Hilfe des „Sich-Sinken-Lassens“.

Shiatsu (Shi-Finger /atsu-Druck) ist vor etwa 100 Jahren im japanisch-chinesischen Kulturraum entstanden. Ihre Wurzeln aber reichen viel weiter in die Vergangenheit. Die Idee des Shiatsu, die dahinterliegende Philosophie, hat ihre Ursprünge in der chinesischen Weltanschauung, in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), im Denken über den Ausgleich polarer Kräfte, die das Leben bestimmen. Die Lehren des Taoismus postulieren diese Leitgedanken.

Diese beiden Kräfte werden als Yin und Yang bezeichnet und bilden ein sogenanntes Gegensatzpaar. Nach der Lehre des Taoismus kann alles Weltgeschehen, alles Leben auf Gegensätze und deren Kräfte-Wechselspiel „reduziert“ werden. Andere Gegensatzpaare sind z.B.: hell – dunkel, warm – kalt, männlich – weiblich, Sommer – Winter, mild – rauh/heftig, etc..

Jede Seite (Kraft) trägt immer auch den Keim zum Wandel in ihr Gegenteil in sich. Keine Seite trägt ein Bewertungsprädikat. Entscheidend ist die immer bestehende Möglichkeit der Veränderung, des sich wieder ausgleichens. Jedoch kann dieser Wandel, dieser Übergang, dieses Hin-und-Her ins Stocken geraten oder auch zu schnell geschehen. Auf der körperlichen Ebene entspräche dies den beiden Zuständen von Verstopfung und Durchfall. In das Wechselspiel dieser Kräfte (im Makrokosmos) ist der Mensch als Mikrokosmos eingebunden und wird von diesem beeinflusst.

Die fernöstliche Medizin ist eine Beobachtungsmedizin. Das meint, dass die alten Gelehrt:innen die Natur und das Geschehen um sie herum beobachtet haben und daraus (ebenfalls aus reiner Beobachtung heraus) Zusammenhänge und Wirkungen auf die Menschen hergestellt haben. Sie haben also ein ständiges „Wenn-Dann“ abgeleitet.
Erst später folgte die Ableitung und Aufstellung von Regeln und Verhaltensnormen nach dem Motto: „So sollte es sein“ oder, „So sollte der Mensch sich verhalten“. Diese Lebensanleitungen dienten immer dem Zweck, den Menschen in Einklang mit der Natur, mit dem übergeordneten Geschehen, zu bringen damit er/sie nicht krank würde. Krankheit wurde also als ein Abweichen des Mikrokosmos (des Individuums) vom Ablauf im Makrokosmos gesehen. Dabei ist wichtig zu bemerken, dass immer „nur“ das Erkennen des „Wie“ und nicht so sehr das Ergründen des „Warum“ (bis ins letzte Detail) im Vordergrund stand.

Es wurde angenommen, dass es eine Kraft gäbe (die nicht näher erforscht wurde, oder erforscht werden konnte) die das „Leben“ erschafft und erhält. Diese Kraft, auf der Ebene des einzelnen Menschen, nannten (bzw. nennen) die Chinesen „Chi“, die Japaner, ähnlich, „Ki“. Und um diese Kraft, um diesen Kraftstrom, geht es, sowohl bei der TCM als auch beim Shiatsu.

Die fernöstliche Medizin war darauf ausgerichtet, diesen Kraftstrom zu lenken, bei Bedarf umzulenken, um im Gesamtsystem Mensch wieder einen gleichmäßigen Fluss der Lebenskraft zu erreichen.

Es existiert eine Geschichte, wonach dieses Fluss-System im Menschen, die übertragene Beobachtung eines wirklichen, landschaftlichen Fluss- und Kanalsystems in China sei. Demnach habe die „Lebenskraft“ des Menschen ebenso einen Ursprung, eine Quelle, und fließe in Kanälen, in Bahnen, genauer gesagt in den sogenannten „Meridianen“. Auch hier gibt es Stromschnellen, Stauungen, Dammbrüche, Überflutungen ja sogar stehende Gewässer und tote Flussläufe. Der Ausspruch: „Das Leben ist ein Fluss“ hat hier seinen Ursprung.

Wir nennen diese Steuerungsarbeit heute Harmonisierung, oder „In-den-Fluss“ bringen.
(Nebenbei bemerkt tauchen diese Vorstellungen von Lebenskraft auch/wieder im Sanskrit, bei Paracelsus, bei Hahnemann, bei W. Reich u.a. auf.) Wie wird diese Beeinflussung des Kraftflusses nun im bzw. mit Shiatsu erreicht?

Die Kunst dieser Behandlung liegt in der Berührung. Durch Berührung auf und entlang der Meridiane, durch Berührung besonderer Punkte (Tsubos genannt; in der Akupunktur die „Akupunkturpunkte“). Diese Punkte werden auf eine spezifische Weise gedrückt. Bitte legen Sie das Wort „drücken“ nicht zu wörtlich aus. Die Shiatsu Praktiker:innen geben sanft und im Einklang mit dem „Hara-Spaziergang“ ihr Körpergewicht ab.

Ich spreche immer von Hara-Spaziergang, bei dem ich mir die Meridiane zeigen lasse, die in diesem Moment den besten Zugang zu meinen Klienten:innen ermöglichen.

Die behandelnden Praktiker:innen reagieren auf die Einladung der Energiepunkte der Klient:innen. Zum Shiatsu bedarf es einer ganz bestimmten Geisteshaltung, welche der der Meditation sehr ähnlich ist.

Beim Shiatsu wird „aus dem Bauch heraus“ gearbeitet, aus dem „Hara“. Das, was so einfach klingt, ist die größte Herausforderung des Shiatsu. Schon vor der Berührung sind Shiatsu-Praktiker:innen und Klient:innen einander zugewandt, durch die Kontaktaufnahme über die Berührung am Hara, erfährt der/die Behandelnde, welche Meridiane und damit Organe einen Energieüberschuss haben, in Fülle sind und welche unterversorgt sind, einen Energiemangel erfahren. Dieses TUN erfolgt in völliger Verbundenheit mit den Patient:innen. Es ist ein Handeln in Absichtslosigkeit, geleitet durch eine Achtsamkeit in beide Richtungen, bezogen auf die Klient:innen und sich selbst.
Nur wenn der Shiatsu Gebende leicht und frei aus seiner Mitte heraus arbeitet, kann der/die Behandelte sich entspannen, gehen lassen, geschehen lassen und öffnen.

Es versteht sich von selbst, dass das Erlernen von Shiatsu ein, über Jahre dauernder Prozess ist. Die Meridianverläufe und wichtigen Druckpunkte sowie deren Indikationen sind relativ schnell zu erfassen und zu behalten. Der eigentliche Kern des Shiatsu aber, das Fühlen, das Spüren, um daraus die für die Patient:innen adäquate Behandlung zu kreieren, dauert wesentlich länger.

Natürlich kann eine Shiatsu Behandlung bereits bestehende Blockaden lösen, sie kann allerdings auch präventiv als eine besondere Technik für eine wohltuende, den ganzen Körper einbeziehende Entspannung genutzt werden. Das alles hat nichts mit einer Wellness Auszeit oder einer klassischen Massage zu tun. Die Wirksamkeit von Shiatsu ist sehr vielfältig,  das subjektive Stresserleben verändert sich positiv, emotionale Erfahrungen können sich lösen, körperliche Anspannung und Verkrampfungen werden gelindert, Kopf- und Rückenschmerzen, Schlaflosigkeit können durch das Auflösen eines Energie-Staus aufhören. Shiatsu ist eine ganz wunderbare Möglichkeit den Körper dabei zu unterstützen sich selbst zu helfen.

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